Tag 9 Zhangjiajie - Fenghuang

Tag 9 Zhangjiajie - Fenghuang

Zwischen Himmel und Schlucht – Ein Morgen auf der Glasbrücke von Zhangjiajie

Heute startete unser Abenteuer bereits um 9:30 Uhr, als wir mit gepackten Koffern unser Hotel in Zhangjiajie verließen. Voller Vorfreude auf die weltberühmte Glasbrücke stiegen wir in den Bus, der uns direkt dorthin bringen sollte.

Doch kaum waren wir unterwegs, fiel einem Mitreisenden ein, dass noch Hemden im Schrank hingen – der Klassiker unter den Reisepannen. Noch amüsanter war der Fund einer anderen: In ihrem Koffer hatten sich die Hotelpantoffel versteckt. Die kann man nicht einfach mitnehmen, sondern muss sie bezahlen. Wir mussten alle schmunzeln – zum Glück würden wir auf der Rückfahrt nochmal am Hotel vorbeikommen, um alles zu klären.

Nach einer kurzen Fahrt erreichten wir schließlich die Glasbrücke von Zhangjiajie – ein architektonisches Meisterwerk und gleichzeitig ein Nervenkitzel der besonderen Art. Sie schwebt förmlich über dem Zhangjiajie Grand Canyon, einem tief eingeschnittenen Tal mit spektakulären Felsformationen, das in der Provinz Hunan liegt.

Die Brücke wurde im Jahr 2016 eröffnet und gilt als eine der längsten und höchsten Glasbrücken der Welt. Entworfen wurde sie vom israelischen Architekten Haim Dotan, der sie bewusst so konstruierte, dass sie sich harmonisch in die Natur einfügt. Die Brücke verbindet zwei Berghänge und ist dabei völlig transparent – eine Illusion des Schwebens in luftiger Höhe.

Hier ein paar technische Eckdaten:

  • Länge: 430 Meter
  • Höhe über dem Talboden: rund 300 Meter
  • Breite: 6 Meter
  • Tragkraft: Die Brücke ist für bis zu 800 Personen gleichzeitig ausgelegt
  • Material: Der Boden besteht aus drei Lagen 4,5 cm dickem, speziell gehärtetem Glas
  • Stützkonstruktion: Sechs Haupttragkabel aus Stahl verbinden die Brücke mit den Felswände

Ein Highlight für viele Besucher (nicht für mich 😉) ist das Bungee Jumping von einem speziell dafür eingerichteten Sprungpunkt in der Mitte der Brücke – mit über 260 Metern Fallhöhe der derzeit höchste kommerzielle Bungee-Sprung der Welt. Wem das zu extrem ist, der kann die Zipline über die Schlucht ausprobieren oder einen der Klettersteige, die direkt an den Felswänden entlangführen.

Während unseres Aufenthalts dort mussten wir spezielle Überziehschuhe tragen – nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern vor allem, um das empfindliche Glas nicht zu zerkratzen. Und obwohl die Vorstellung, auf Glas über einer Schlucht zu laufen, gewöhnungsbedürftig klingt, fühlte ich mich erstaunlich sicher.

Der Ausblick war phänomenal – unter uns eine schwindelerregende Schlucht, grün bewachsen, mit steilen Felswänden und einem kleinen Fluss, der sich durch das Tal schlängelte.

Ich selbst war überrascht, wie wenig Angst ich hatte. Im Gegenteil – der Blick durch den Glasboden faszinierte mich mehr, als dass er mir die Knie weich machte.

Start Bungeejumping

Pünktlich um 14:00 Uhr hieß es dann: Weiterreise. Der Schnellzug brachte uns in nur 45 Minuten in die nächste Stadt – eine bequeme und entspannte Fahrt, während ich die Erlebnisse des Morgens noch einmal Revue passieren ließ.

Große , saubere Bahnhöfe

Ein Nachmittag in Fenghuang – Zwischen Geschichte, Silberglanz und Straßenlärm

Nach einer kurzen Bahnfahrt durch die grüne Hügellandschaft Hunan-Provinz sind wir am frühen Nachmittag in Fenghuang angekommen – einem Ort, der wie aus einer anderen Zeit zu stammen scheint. Die Altstadt von Fenghuang, auch „Phoenix-Stadt“ genannt, liegt malerisch am Tuojiang-Fluss und beeindruckt sofort mit ihren auf Stelzen gebauten Holzhäusern, Kopfsteinpflasterstraßen und dem Hauch von Geschichte, der in der Luft liegt.

Gegründet wurde Fenghuang in der Ming-Dynastie (14. Jh.), und große Teile der Stadt sind noch heute im traditionellen Stil erhalten. Sie war einst ein wichtiger Handelsposten und ein kulturelles Zentrum der Miao- und Tujia-Minderheiten, die bis heute hier leben. Die Stadt zählt zu den schönsten historischen Städten Chinas – und das zu Recht.
Zwei Phönixe flogen über das Gebiet, das heute Fenghuang ist, und waren so beeindruckt von seiner Schönheit, dass sie nicht mehr weiterflogen. Sie entschieden, hier zu bleiben – und so wurde die Stadt „Fenghuang“ genannt.

Unser Hotel liegt zentral und ist ganz im lokalen Stil gehalten: dunkles Holz, geschnitzte Fensterrahmen, rote Laternen über dem Eingang. Doch lange aufhalten dürfen wir uns nicht – unsere beiden jungen Reiseführerinnen denken nicht im Traum an eine Mittagspause. Stattdessen geht es direkt weiter. Mit energischem Tempo lotsen sie uns zum Ufer, wo schon ein schmales Holzboot auf uns wartet.

Die Bootsfahrt den Fluss hinunter dauert etwa 20 Minuten – und ist ein Erlebnis für alle Sinne. Rechts und links erheben sich die typischen Pfahlbauten, unter deren Balkonen die Wäsche im Wind flattert. Alte Steinbrücken, kleine Tempel und Menschen, die am Wasser sitzen, ziehen vorbei. Es riecht nach Räucherstäbchen, Garküche und feuchtem Holz – nicht unangenehm, sondern aufregend. Dazu das gleichmäßige Plätschern des Wassers und der Regentropfen von oben. Fenghuang klingt und duftet wie ein lebendiges Museum.

In der Altstadt angekommen, spazieren wir durch enge Gassen. Überall begegnen uns Männer und Frauen in prachtvollen Trachten, mit ausladendem Silberschmuck – teils kunstvoll, teils kitschig, meistens aus Aluminium. An jeder Ecke wird fotografiert: professionelle Shootings, Influencer, Kinder mit kunstvollen Kopfbedeckungen. Die Kulisse mit dem Fluss und den alten Häusern ist wie gemacht dafür.

Es gibt Läden zum Schminken und einkleiden, dann wird gepost

Ein besonderer Halt ist das Geburtshaus von Shen Congwen, dem berühmtesten Sohn der Stadt. Der Schriftsteller, geboren 1902, gilt als einer der bedeutendsten Autoren der modernen chinesischen Literatur. Seine Werke zeichnen sich durch eine klare Sprache und tiefe Menschlichkeit aus – oft erzählen sie vom Leben in den ländlichen Regionen Chinas und der Kultur der ethnischen Minderheiten. Sein bekanntestes Werk, „Grenzstadt“, spielt genau hier in Fenghuang.

Nach diesem kulturellen Zwischenstopp führt uns der Weg endlich ins Restaurant – und auch das ist ein Erlebnis. Es ist laut, wuselig, chaotisch. Menschen rufen durcheinander, Kellner rennen mit dampfenden Schüsseln umher, irgendwo fällt etwas zu Boden. Doch das Essen – scharf, frisch, aromatisch – ist fantastisch. Scharfe Ente, Bambus-Gemüse, Fischsuppe, chinesische Pilze und noch vieles mehr.

Plötzlich kommen drei in Trachten gekleidete Frauen mit Schüsseln und Mikrofonen herein und gehen zu einem Tisch mit chinesischen Touristen. Die Wasserfallzeremonie.
Diese Zeremonie ist oft ein Teil traditioneller Empfangsrituale für Gäste. Sie wird zwar poetisch „Wasserfallzeremonie“ genannt, doch es handelt sich nicht um einen echten Wasserfall, sondern um eine Zeremonie mit überfließendem Reiswein, die den Wasserfall symbolisiert.

🏮 Ablauf der Zeremonie:

  1. Begrüßung in traditioneller Kleidung
    Junge Frauen und Männer der ethnischen Minderheiten, oft in farbenprächtigen Trachten, empfangen die Gäste mit Musik, Tanz und Gesang.
  2. Der „Reiswein-Wasserfall“
    Die Gastgeber bilden eine Reihe, wobei jede Person einen kleinen Behälter mit Reiswein (Mijiu) hält. Der Reiswein wird von oben nach unten durch mehrere Gefäße oder direkt in den Mund des Gastes gegossen – eine Art menschlicher Wasserfall aus Reiswein.
  3. Bedeutung
    • Der überfließende Reiswein symbolisiert Reichtum, Großzügigkeit und endlose Gastfreundschaft – wie ein nie versiegender Wasserfall.
    • Die Zeremonie soll dem Gast Glück, Gesundheit und Willkommen signalisieren.
    • Wer den Wein nicht trinkt oder verweigert, gilt als unhöflich – es ist also höflich, wenigstens einen Schluck zu nehmen.
  4. Anschließendes Festmahl

Wir sind völlig erschöpft. Ein Taxi bringt uns zurück ins Hotel. Und dann der krönende Abschluss: unser Zimmer hat einen Balkon direkt zum Fluss. Draußen spiegeln sich die Lichter der Altstadt im Wasser.Die Phönik-Statue leuchtet genau vor unserem Hotel.

Da heute Samstag ist, gibt es noch eine ganz besondere Überraschung, eine Lasershow um 21:20 Uhr, die wir von unserem Balkon aus genießen können. Spektakulär. Vor allem, als der Phönix am Himmel erscheint.